Die Zeitschrift für Ostmitteleuropa-Forschung / Journal of East Central European Studies (ZfO) ist eine führende Fachzeitschrift für geschichtswissenschaftliche Studien über Ostmitteleuropa. Sie erscheint seit 1952 (bis 1994 unter dem Titel Zeitschrift für Ostforschung) im Druck sowie seit 2019 auf ihrer Website zusätzlich im Open Access. Vierteljährlich werden dort Aufsätze, Forschungsberichte und Buchbesprechungen in deutscher und englischer Sprache veröffentlicht. Ursprünglich wurde die ZfO gegründet, um die Grundzüge der deutschen Ostforschung auch weiterhin, nun unter den Prämissen bundesrepublikanischer Geschichtswissenschaft, zur Geltung kommen zu lassen. Seit den späten 1960er Jahren hat sich die ZfO zu einem auch von osteuropäischen Fachkreisen geschätzten (und immer häufiger auch als Publikationsorgan genutzten) Periodikum entwickelt, in dem politik- und kulturgeschichtliche Themen dominieren. Herausgegeben wird sie im Auftrag des Herder-Instituts für historische Ostmitteleuropaforschung – Institut der Leibniz-Gemeinschaft im hauseigenen Verlag in Marburg.
In den zurückliegenden Jahren hat sich die ZfO dynamisch weiterentwickelt. Sämtliche Jahrgänge seit 1952 wurden online verfügbar gemacht, und es wurde ein englischer Paralleltitel ergänzt. Wichtige digitale Plattformen und bibliografische Datenbanken wie Scopus, die Central and Eastern European Online Library (CEEOL) oder das Directory of Open Access Journals (DOAJ) haben die ZfO in ihr Angebot aufgenommen. Das editorial board umfasst mittlerweile 21 Historiker:innen aus Deutschland, Nordamerika, West- und Ostmitteleuropa.
Zwar erstreckt sich ihre Zuständigkeit auf Ostmitteleuropa insgesamt – verstanden als die Territorien der heutigen Staaten Polen, Tschechien, Slowakei, Ungarn, Estland, Lettland, Litauen, Ukraine und Belarus –, doch nimmt Polen für die ZfO eine besonders wichtige Stellung ein. Ungefähr ein Drittel aller eingereichten Texte betrifft die polnische Geschichte. Aus Polen bzw. von polnischen Autor:innen wird regelmäßig die zweithöchste Zahl an Beiträgen eingereicht. Hinzu kommt, dass – anders als zum Beispiel im Falle der ungarischen, baltischen oder tschechischen und slowakischen Geschichte – eine auf Themen der polnischen Geschichte spezialisierte Fachzeitschrift in Deutschland fehlt.
Gerade auch über Themenhefte, in denen sich die Beiträge von Tagungspanels, kürzeren Konferenzen oder Forschungsprojekten gebündelt dokumentieren lassen, ist die ZfO im Forschungsdiskurs zur Geschichte Polens präsent. Zuletzt erschienen in diesem Zusammenhang die Hefte 2/2022 New Approaches to Research on Everyday Life in Eastern Europe during World War II: The Case Studies of Poland and Lithuania und 4/2021 Designing the New East. Architecture, Spatial, and Urban Planning in Poland under German Occupation, 1939–1945. Dass beide Hefte den Zweiten Weltkrieg betreffen, ist einerseits zwar dem Zufall geschuldet, andererseits verweist dieser Umstand aber auf die nach wie vor bestehende Dominanz der Zeitgeschichte nicht nur in der ZfO, sondern in der polnischen und deutschen geschichtswissenschaftlichen Forschungslandschaft generell. Den Zeitraum seit 1918 betreffen kontinuierlich 50 bis 60 Prozent der bei der ZfO eingereichten Aufsätze und Rezensionen.
Von der Einbindung in die Infrastruktur des Herder-Instituts als eines der führenden Institute zur historischen Ostmitteleuropaforschung profitieren die ZfO-Autor:innen in mehrfacher Hinsicht. Die Druckdateien werden komplett im hauseigenen Verlag erstellt, was die Einbindung von Abbildungen und anderen grafischen Elementen erleichtert und notfalls auch kurzfristige Änderungen ermöglicht. Aufgrund der Tauschbeziehungen der Institutsbibliothek befinden sich die gedruckten Ausgaben der ZfO seit jeher in den wichtigsten Forschungseinrichtungen Ostmitteleuropas, und die Aufsätze werden dort entsprechend breit rezipiert. Auch bei der Klärung inhaltlicher oder bibliografischer Fragen im Zuge der redaktionellen Textbearbeitung (nicht immer findet sich im Internet eine Lösung) sind die umfangreichen Bestände der Institutsbibliothek von großem Nutzen.
Diese günstigen Rahmenbedingungen sollen aber nicht nur etablierten Fachleuten, sondern auch jüngeren Wissenschaftler:innen zugutekommen. Bereits eine Master-Thesis hat in manchen Fällen die Basis für einen gelungenen ZfO-Aufsatz gebildet. Das entscheidende Kriterium für eine erfolgreiche Begutachtung besteht darin, dass der Aufsatz neue Erkenntnisse enthält, die auch für einschlägig ausgewiesene Forscher:innen lehrreich sind. Besonders geeignet sind hierfür natürlich Vorarbeiten zu Dissertations- oder Habilitationsprojekten, für die eine Beschäftigung mit innovativen Ansätzen und bislang unerschlossenem Material unabdingbar ist. Das double-blind peer review der ZfO folgt daher zwei Maximen: Zum einen sollen konzeptionelle und argumentatorische Schwächen klar benannt werden, zum anderen soll aber möglichst auch immer ein Weg aufgezeigt werden, wie sich ein noch nicht für die Publikation geeigneter Beitrag entscheidend verbessern lässt.
Die Corona-Pandemie sowie der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine haben in den zurückliegenden Jahren die wissenschaftliche Beschäftigung mit Osteuropa zweifellos beeinträchtigt. Über einen langen Zeitraum hinweg war europaweit der Zugang zu Bibliotheken und Archiven versperrt, und die wissenschaftlichen Kontakte nach Russland oder in die Ukraine mussten abgebrochen werden oder sind erheblich erschwert. Unversehens drängte sich so eine unbequeme Frage in den Vordergrund: Welche Abhängigkeit ist stärker – die der Autor:innen von der Zeitschrift, die ihre Forschungen publizieren und somit ihre Karriere befördern soll, oder die der Zeitschrift von den Autor:innen, die ihr hochwertige Beiträge liefern und somit ihre Existenzberechtigung sichern sollen?
Im Redaktionsalltag macht sich dieses Spannungsverhältnis immer wieder bemerkbar: Wie stark darf in einen Text eingegriffen werden, wie sehr darf ein:e Autor:in auf eigenen Formulierungen beharren? Dieser Aushandlungsprozess im Anschluss an eine grundsätzlich positive Begutachtung erfordert von beiden Seiten Kompromissbereitschaft und Geduld. Das ist nicht immer leicht. Zum Glück hat der Schriftsteller Douglas Adams – der zwar nicht die Osteuropaforschung, dafür aber das Science Fiction-Genre um so manche Facette bereichert hat – diesem Spannungsverhältnis viel von seiner Brisanz genommen, indem er bekannte: „I love deadlines. I love the whooshing noise they make as they go by.“ Eingerahmt und hinter Glas, gemahnt dieses Motto im Redaktionsbüro jeden Tag aufs Neue an das notwendige Maß an Gelassenheit, ohne die Forschung nicht gedeihen kann.