Ein Beitrag von Krzysztof Ruchniewicz
Seit einigen Jahren erleben wir eine deutliche Verschlechterung der offiziellen politischen Beziehungen zwischen Polen und Deutschland. Die Aggression Russlands gegen die Ukraine am 24. Februar 2022 führte zwar auf europäischer Ebene zu einer Intensivierung der Zusammenarbeit und einer Annäherung der EU-Staaten, um die Unterstützung für den angegriffenen Nachbarn zu maximieren, in den deutsch-polnischen Beziehungen hatte sie jedoch keinen positiven Durchbruch zur Folge. Deutschland erlebte zweifelsohne einen Schock. Es musste seine Beziehungen zu Russland überdenken und seine Haltung zur Ukraine revidieren. Der Abkehr von der bisherigen deutschen Ostpolitik (Wandel durch Handel) begegnete man in Warschau mit Skepsis und Misstrauen, und sparte nicht mit Kritik am früheren Ansatz, selbst wenn dieser gerade aufgegeben worden war. In den folgenden Monaten verstärkte sich diese Herangehensweise durch einen verschärften Ton in den Erklärungen noch. Das Fehlen einer breiteren kritischen Debatte in Deutschland über die Auswirkungen der langjährigen Ostpolitik machte es der polnischen Regierung leichter, ihren Kurs beizubehalten. Gleichzeitig warf Warschau die Frage von Reparationsforderungen an Deutschland wieder auf, behandelt sie nach wie vor aber in erster Linie als Element der Innenpolitik, instrumentalisiert sie dazu, um die politische Unterstützung des Teils der Gesellschaft aufrechtzuerhalten, der dem westlichen Nachbarn und Europa im Allgemeinen misstrauisch oder feindlich gegenübersteht. Negative Meinungen über Berlin sind immer geläufiger, und zwar zu verschiedenen Themen und auf verschiedenen Ebenen. Man gewinnt den Eindruck, dass auf alte antideutsche Motive zurückgegriffen wird, aber in neuer Form. Ist diese negative Haltung der polnischen Regierung und eines Teils der Eliten gegenüber Berlin nur vorübergehend und nur durch die anstehenden Wahlen in Polen bedingt? Hat sie tiefere Ursachen, wird sie die Grundlage von Polens Außenpolitik bilden und die polnische Westpolitik verändern? Welche Chancen für die Entwicklung der Beziehungen nach den Wahlen lassen sich erkennen?
Eine positive Bilanz der deutsch-polnischen Beziehungen?
Um die aktuellen politischen Probleme in den deutsch-polnischen Beziehungen besser zu verstehen, ist es unabdingbar, in die Zeit von 1989/90 zurückzugehen, als beide Staaten nach der Wende und der Wiedervereinigung Deutschlands ihre Beziehungen in Ordnung brachten und auf ein neues Fundament stellten. Diese wurden durch ein gemeinsames Vertragswerk geschaffen, d.h. durch die Unterzeichnung des deutsch-polnischen Vertrags über die Bestätigung der bestehenden Grenze an Oder und Neiße im November 1990 und des Vertrags über gute Nachbarschaft im Juni 1991. Mit dem ersten dieser Verträge wurden die historischen Fragen, die sich aus dem Zweiten Weltkrieg ergeben hatten, abgeschlossen, während mit dem zweiten die Grundlage für die zukünftige Gestaltung des gegenseitigen Verhältnisses geschaffen wurde. Es ist bemerkenswert, dass der "Grenzvertrag", der in der Vergangenheit so umstritten war, heute kaum noch Interesse weckt. Dasselbe gilt für den zweiten Vertrag, obwohl es auf polnischer Seite durchaus einige Stimmen gibt, die eine Revision oder gar Neuverhandlung dieses Vertrags fordern. Ungeachtet kritischer Einschätzungen, die gewisse Versäumnisse, z.B. in Eigentumsfragen, anmerken, hat sich der Vertrag über gute Nachbarschaft aus der Perspektive von mehr als 30 Jahren bewährt. In den folgenden Jahrzehnten erlebten die deutsch-polnischen Beziehungen auf vielen Ebenen einen bis dahin ungekannten Aufschwung. Vor diesem Hintergrund begannen sich die Gesellschaften beider Länder zum ersten Mal und in diesem Ausmaß besser kennen zu lernen. Unzählige Kontakte wurden geknüpft, auf nationaler und regionaler, aber auch privater Ebene.
Schatten auf dem gegenseitigen Verhältnis
Die Beziehungen zwischen Warschau und Bonn entwickelten sich nicht losgelöst von der internationalen Lage, die mehrere Jahre lang sehr günstig war. Erwies sich die Ausrufung des "Endes der Geschichte" zwar bald als verfrüht, da gescheiterte nicht-demokratische Regime zum Teil durch neue ersetzt wurden, so unterstützte Deutschland Polen auf seinem Weg in die NATO oder die EU nachdrücklich und beschleunigte den Beitritt sogar. Oft standen hinter der deutschen Unterstützung für Polens europäische Bestrebungen der Wunsch, das Erbe einer schwierigen Geschichte, insbesondere aus der Mitte des 20. Jahrhunderts, zu überwinden, sowie das Bewusstsein der westlichen Nachbarn Polens für die daraus resultierenden Verpflichtungen. Obwohl ein Teil der deutschen Gesellschaft um die Jahrhundertwende forderte, dass Polen die Eigentumsfragen der Vertriebenen regeln sollte, wurden diese Absichten durch die entschlossene Haltung der deutschen Regierung zunichte gemacht, und die politische Zusammenarbeit zwischen den Regierungen verlief partnerschaftlich und harmonisch. In dieser Zeit entstanden zahlreiche neue Institutionen, deren Anliegen es war, den Dialog zwischen Polen und Deutschland zu fördern. Der Beitritt Polens zur EU im Jahr 2004 beendete diese Phase der bilateralen Beziehungen und stärkte Warschau auf europäischer Ebene. Von nun an konnte Polen Koalitionen mit verschiedenen EU-Staaten eingehen, um seine Pläne konkreter umzusetzen. Es muss gesagt werden, dass Polen diese Chance in vollen Zügen genutzt hat. In kurzer Zeit wurde es zu einem ernstzunehmenden Partner in der EU, der in der Lage war, andere Partner für die Lösung bestimmter Probleme zu gewinnen. Berlin wiederum blieb weiterhin die zentrale Hauptstadt auf der Landkarte der Auslandskontakte, und die Beziehungen zwischen den beiden Volkswirtschaften vertieften sich.
Negative Wende
Die Regierungswechsel in Warschau und Berlin in den Nuller- und Zehnerjahren des 21. Jahrhunderts führten also nicht zu einer Änderung oder Korrektur der polnischen Außenpolitik. Warschau setzte auf eine "Interessengemeinschaft" mit dem deutschen Partner, während Deutschland Polen als wichtigen Akteur in Mittel- und Osteuropa ansah, nicht zuletzt wegen seiner territorialen Größe und wirtschaftlichen Stabilität. Natürlich gab es auch Unterschiede in den Haltungen, wie etwa zur Erdgaspipeline Nord Stream, aber es herrschten gemeinsame Ziele vor. Nach der Machtübernahme durch die PiS im Jahr 2005 und vor allem nach 2015 kam es zu ersten Rissen in den Beziehungen und dem Versuch, die politischen Vektoren zu ändern. So wurde die Außenpolitik, insbesondere in Bezug auf die EU und Deutschland, zunehmend im innenpolitischen Kampf instrumentalisiert. Alte Vorurteile wurden in Teilen der Eliten und der Gesellschaft wiederbelebt, und man begann, ein bewusst negatives Bild des Nachbarn zu zeichnen. Dies war umso leichter möglich, als in einigen Teilen der polnischen Gesellschaft die Wunden des Zweiten Weltkriegs noch nicht verheilt waren und ungelöste Missstände bestanden. An die Stelle eines rationalen Umgangs mit dem westlichen Partner und Nachbarn traten oft emotionale Handlungen. Dies führte schnell zu Irritationen und Dissonanzen im gegenseitigen Verhältnis, auch wenn Deutschland sich um Zurückhaltung bemühte. Dennoch nahm die Zahl der Vorwürfe aus Warschau gegen Berlin aus unterschiedlichen Gründen stetig zu. Im Mittelpunkt standen Vorwürfe in Bezug auf die Ostpolitik, die Sicherheit und den Umgang mit den vom Dritten Reich verursachten Schäden (Reparationsfrage).
Die Notwendigkeit einer neuen Öffnung
Der Krieg in der Ukraine zeigte erneut und spektakulär die Fehlentwicklungen der deutschen Ostpolitik auf. Auch in der Sicherheitspolitik musste Berlin Fehler eingestehen. Anstatt aber in erster Linie die Zusammenarbeit der EU-Staaten gegen Russland zu stärken, gab Warschau seine Vorwürfe gegen Berlin nicht auf. Man könnte sogar den Eindruck gewinnen, dass einige Politiker an der Weichsel Freude daran haben, die Fehler des deutschen Partners noch einmal verurteilen zu können. Besteht heute die Bereitschaft, Gespräche wieder aufzunehmen? Müssten die deutsch-polnischen Beziehungen nicht neu geregelt werden? Zweifellos wird sich das Problem des Verhältnisses Polens zur EU (Frage der Rechtsstaatlichkeit) und zu Deutschland (Reparationsfrage) nicht von selbst lösen; dazu bedarf es des guten Willens auf beiden Seiten. Im letzteren Fall wurde in der Vergangenheit stets eine pragmatische Lösung vorgeschlagen, die bei polnischen wie deutschen Politikern allerdings auf wenig Interesse stieß. Wie stellen sie sich die Zukunft der deutsch-polnischen Beziehungen vor? Sollte nicht der bereits funktionierende Vertrag über gute Nachbarschaft zum Bezugspunkt für eine neue Regelung werden? Sollte dort nicht nach Grundlagen und Anregungen für die Zukunft der gegenseitigen Beziehungen gesucht werden?
Die erste Voraussetzung ist die Wiederherstellung des Vertrauens in den guten Willen des Partners. Dies erfordert auch die Formulierung eines gemeinsamen Ziels, das über rein deutsch-polnische Themen hinausgeht. Es sollte darin bestehen, die Ukraine, für die in beiden Gesellschaften große Sympathien bestehen, beim Wiederaufbau und der Integration in Europa zu unterstützen. Dies wäre eine Wiederaufnahme der Aktivitäten aus den 1990er Jahren, nun aber zugunsten eines neuen Empfängers, dem Polen und Deutschland gemeinsam Hilfe anböten.